Mittwoch, 11. Dezember 2013

Selbstverwirklichung mit Kindern?!

Ein Thema, welches mich nicht unberührt lässt, hat der gute Erik Range - den meisten wohl bekannt unter seinem Pseudonym “Gronkh” (Gronkh.de) in seiner Minecraft-Aufnahme vom 10.12.2013 angesprochen.


Lässt sich die Karriere und die Selbstverwirklichung einer Mutter mit der Erziehung von Kindern vereinbaren?


Erik sagt


“Einer muss ja zu Hause bleiben, ich weiß gar nicht, wie das vereinbar sein soll {…}.”

“Ich weiß halt nicht, wie das in einer modernen Familie funktionieren soll, wenn beide arbeiten gehen, wer kümmert sich denn dann um die Kinder? Da kannst du natürlich sagen “der Hort”, aber was ist das dann für eine familiäre Situation? {…}.


Meine Antwort

Eine sehr schöne Situation, Erik, muss ich sagen. Leider hört sich dein Satz sehr so an, als wäre es keine schöne familiäre Situation, wenn sich die Eltern dazu entscheiden, ihre Kinder fremdbetreuen zu lassen. Ich hatte dazu schon einmal was geschrieben, da ich eben schon oft Anfeindungen spürte (wenn diese auch selten offen und direkt ausgesprochen werden), weil ich entschied, unsere Kinder mit sieben Monaten zur Tagesmutter zu geben.

Ich habe selbst schon oft mit dem Gedanken gehadert, ob es die richtige Entscheidung ist, dass meine Kinder teilweise von anderen erzogen werden. Aber inzwischen bin ich sicher: ja, es ist die richtige Entscheidung. Denn unsere Kinder werden nicht nur erzogen, sie lernen auch verdammt viel, wenn ihr Horizont erweitert wird durch andere Menschen, Charaktere und vor allem: andere Kinder. Viele Dinge und Erfahrungen, die meine Beiden bei der Tagespflege machen, kann ich als Mutter alleine zu Hause nicht bieten.

Dazu muss man sagen, es ist sehr wichtig, zu schauen, wohin man seine Kinder gibt. Wer blind irgendwem seine hilflosen Kinder den halben Tag anvertraut, den nenne ich verantwortungslos. 

Aber wie habe ich das gemacht?

Ich hatte ein Abkommen mit meiner Tagesmutter: Ich werde zwei Monate an der Seite meiner Kinder bleiben und der Tagesmutter zur Hand gehen. Ich weiß, das macht nicht jede Tagesmutter mit, aber ich suchte, bis ich eben die eine fand, die wusste, wieso ich das mache: nämlich, um zu sehen, dass meine Kinder in guten Händen sind.

In diesen Monaten konnte ich den Tagesablauf in der Pflege kennen lernen. Ich konnte die Erziehungsmethoden der Tagesmutter kennen lernen und sehen, wie meine Kinder mit den anderen Kinder klar kamen und umgingen. Und nach zwei Monaten konnte ich beruhigt meine Zwillinge bei der Tagesmutter lassen und mich in den freien Stunden, die mir nun geschenkt waren, auf mich und meine Bedürfnisse konzentrieren (na gut, und auf den Haushalt und die tausend anderen Probleme, die sich so im Alltag ergeben).

Nun ist mir noch wichtig zu sagen, dass ich, seitdem ich wieder Zeit für mich habe - egal wie viel oder wenig es am Ende ist, ich die Zeit zusammen mit meinen Kindern so intensiv lebe und genieße, wie ich es vorher nicht getan hätte. Wenn man aus einer Schwangerschaft kommt, die der blanke Horror war und ohne Übergang in das Mutterdasein, mit all den Fragen, Ängsten, Neuheiten und Unsicherheiten geworfen wird (plus Schlafentzug), dann macht der Kopf zu. Dann verliert man leider den Blick für die schönen Situationen im Mutter- (oder Elterndasein). Zeit zur Besinnung, Zeit zum Abschalten, Zeit zum Verarbeiten - ja, auch eine Mutter, die ihre Kinder über alles liebt, braucht das.

“Liebe” ist sowieso DAS Wort, was ich jedem entgegen werfe, der mich fragt, wie ich das mache mit 1Jährigen Zwillingen und Job: Eine liebevolle Erziehung, ein respektvoller und liebevoller Umgang ist das A und O für eine “schöne familiäre Situation” und dabei geht es eben auch darum, dass sich das “ sich liebende Elternpaar” nicht vergisst und das man auch die Liebe zu sich selbst nicht außer Acht lässt.


Erik sagt

“Nachwuchs zeugen ist nicht schwer, aber die Verantwortung dafür übernehmen, bei all der Selbstverwirklichung von Jedem, von Allem. Alle wollen sich heute selbst verwirklichen. Ich kann das absolut verstehen, Selbstverwirklichung ist was Tolles, aber vielleicht muss man auch mal irgendwann sagen, ok, jetzt trete ich mal ein Schritt zurück und übernehme die Verantwortung für das, was um mich herum passiert.“

Meine Antwort

Ja, zum Verantwortung übernehmen. Ja, zum selbst einen Schritt zurück treten. Aber genau das heißt nicht gleichzeitig, sich nicht selbst verwirklichen zu können. Ich war mir schon in der Schwangerschaft bewusst, ich werde kein “Hausmuttchen”, dafür habe ich viel zu viele Hummeln im Hintern und Träume im Kopf. Ich werde meinen Kindern alles ermöglichen und sie mit Liebe überschütten, aber ich werde mich und meine Träume nicht aufgeben. ABER, und da sagst du was sehr wichtiges, Erik: Ich trete einen (oder mehrere) Schritte zurück. Wer sich dafür entscheidet, Menschen auf diese Welt zu setzen, der muss die Verantwortung für diese Leben überehmen. Mit allem was dazu gehört.

Für mich hieß das: ich kann mir abschminken, mich vollkommen in eine Karriere zu stürzen, Nächte durchzuarbeiten und Geld zu scheffeln, was ich dann für Traumreisen und neue Konsolen verballer.

Da ich nicht nur einen Job wollte, der mich erfüllt, sondern eben auch die beste Mutter der Welt sein will, hieß mein “Schritt zurück treten” :

-  Ich möchte bald nach der Geburt anfangen zu arbeiten
-  Ich möchte einen Job haben, in dem ich mich wohl fühle und der meinem Können und meiner Karrierevorstellung entspricht*
- ich möchte qualitative Zeit mit meinem Kindern verbringen, die die Beiden und mich erfüllt

Dabei ist es mir wichtig, dass...

...meine Familie stabil ist - und damit meine ich auch mein familiäres Umfeld, womit ich vorrangig meine Eltern, Schwiegereltern und ja, enge Freunde meine

...meine Kinder glücklich sind und ihre Kindheit genießen und ausleben können

...ich mich und meine Wünsche für mein Leben nicht aufgeben muss

….ich eine passable Karriere hinlege, auf die ich stolz bin und die mir auch finanziell Sprünge ermöglicht - mir,  aber auch vor allem meiner Familie

...ich im größten Notfall für mich und meine Kinder alleine sorgen kann - was eben (leider) heißt, vor allem: gut zu verdienen.

Wie ist das zu ermöglichen?
Mit Planung/Organisation, Unterstützung, Zurückstecken, Respekt für die Bedürfnisse und Wünsche der Kinder, Respekt für das Leben des Partners und Respekt vor den eigenen Gefühlen und : viel, viel Liebe.

(*Zum Thema, als Mutter eine Stelle zu finden, gibt es natürlich massig zu sagen. Aber da werde ich mich an anderer Stelle drüber auslassen)


Danke, für das Lesen dieser Wall of Text 



Und schaut doch mal bei Gronkhs Kanal vorbei, der kann echt witzig sein ;)